Handwerkspolitischer Abend in Nürtingen

Gemeinsam mit der Handwerkskammer Region Stuttgart lud die Kreishandwerkerschaft Esslingen-Nürtingen am 23.11.2023 zum Handwerkspolitischen Abend.

Beim Thema Bürokratie war die Geduld am Ende

 

Auf Tuchfühlung mit den lokalen Größen der Landespolitik konnte Ende November die Nürtinger Handwerkerschaft gehen. Beim handwerkspolitischen Abend in der Stadthalle ging es mit den Landtagsabgeordneten Andreas Deuschle aus Wolfschlugen von der CDU und Andreas Schwarz aus Kirchheim von den Grünen um die Themen Energiewende, Fachkräfte und Konjunktur. Brisanz bot die Diskussion um die leidige Bürokratie.

 

Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer und selbst Elektrounternehmer in Nürtingen, stellte das Gesprächsformat als „Chance dar, die Anliegen des Handwerks zu artikulieren“. Über 20 Handwerker kamen, um die Berührungspunkte zur Politik mit denen zu besprechen, die im Parlament sitzen. Reichhold ging in seiner Einführung auf die aktuell sehr dramatische Situation im Bauhauptgewerbe ein. „Da ziehen gerade richtig dunkle Wolken auf. Die Genehmigungen gehen drastisch zurück, die Kreditzusagen werden weniger, der Wohnungsbau kommt nicht voran.“  Gehe es so weiter, sehe er gar den sozialen Frieden gefährdet, wenn das Grundrecht auf Wohnen nicht mehr erfüllt werden könne. „Hier sehe ich die Politik in der Pflicht“, forderte er und appellierte: „Lasst den vielen Worten endlich Taten folgen. Unser Vorschlag ist: Weg mit der Grunderwerbsteuer für den ersten Erwerb einer Immobilie.“

 

Als zuverlässigen Partner der Energiewende beschrieb der Landtagsabgeordnete Andreas Schwarz das Handwerk. „Die vielen Betriebe haben großflächig Photovoltaik auf die Dächer gebracht. Das ist gut so.“ Das Thema Windkraft müsse aber schneller anlaufen, zudem möchte er die vielen Schutzwände entlang der Straßen nutzen, um dort PV-Elemente zu installieren. „Da gibt es noch unzählige Potentiale, die genutzt werden können.“

 

Insgesamt zeigten sich die vertretenen Handwerker mit der Umsetzung des Heizungsgesetzes und der erlassenen Richtlinien wenig zufrieden. Kammerpräsident Reichhold sagte: „Wir brauchen klarere Rahmenbedingungen zum Beflügeln der Energiewende. Vor allem müssen die Förderkulissen endlich verlässlich sein, um Vertrauen und Aufträge zu schaffen.“ Das Handwerk könne die Energiewende nicht allein stemmen. Das müsse schon im Schulterschluss mit der Politik geschehen.

 

Die Überregulierung stößt selbst hier an die Grenzen der Vernunft. Der CDU-Abgeordnete Andreas Deuschle machte seiner Meinung zum Heizungsgesetz Luft: „Wir brauchen keine Vorschriften bis in den Heizungskeller. Mein Haus ist 100 Jahre alt. Und es geht es den Staat nichts an, wie ich das Ding warm kriege.“ Das Thema Bürokratie barg aber noch viel mehr Unmut. In der Diskussion mit den anwesenden Unternehmern gab es zum Himmel schreiende Beispiele, wie Formulare und Vorschriften das Arbeiten lähmen. Sei es die Abwicklung der Abgasuntersuchung, dieses Beispiel trug Kreishandwerksmeister Karl Bossler bei, oder die aufwendige Dokumentation der Kühlschranktemperatur beim Bäcker.

 

Weitere Beispiele, so die Landtagsvertreter, möge man doch melden, um sie zu analysieren. Jetzt nahmen die Ausführungen von Kammerpräsident Rainer Reichhold in der Diskussionsrunde auf dem Podium an Schärfe deutlich zu: „Mein Vorschlag an die Politik: Halbiert die Bürokratie und meldet endlich Vollzug. Ihr habt’s erfunden – ihr müsst liefern.“ Zudem habe das Handwerk keine Lust mehr Beispiele aufzuzählen. „Die sind alle längstens bekannt.“ Einig waren sich die Podiumsteilnehmer, dass es zu mehr Eigenverantwortung aller Handelnden kommen müsse. Andreas Deuschle sagte allerdings, er sei skeptisch, „dass der Frosch den Sumpf trockenlegt“. Dies führe zur Frage der Verantwortung. Wenn Vorschriften wegfielen, brauche es jemand, der bereit sei, Verantwortung zu übernehmen. Deswegen müsse seiner Meinung nach der Bürokratieabbau vom Gesetzgeber kommen. Die Verwaltungsebene werde es nicht machen.

  • Auf dem Podium in Nürtingen sprachen Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart, Andreas Schwarz MdL (GRÜNE), Andreas Deuschle MdL (CDU), Kreishandwerksmeister Karl Bossler, Moderator Martin Hofmann.
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